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Stellen Sie sich vor Sie sitzen im ICE von Frankfurt nach Berlin – mit Reisenden, dem Schaffner und dem Lokführer. Was bei der Fahrt geschieht, wissen nur die Menschen im Zug – bis jemand die Tür öffnet. Dann ändert sich die Temperatur, Reisende steigen ein und aus – es herrscht ein Wechsel. Nur der Schaffner und Lokführer bleiben – so ist es bei einer Veranstaltung in einem Raum im Vergleich zu einem Livestream. Der geschlossene Zug ist die Veranstaltung ohne Stream und die Tür stellt den Weg ins Internet dar. Ist sie zu, gelten andere Regeln. Bei einer Veranstaltung vor Ort beachten Sie Gesetze (Arbeitsschutz, Arbeitszeit, Design …) – beim Livestream kommen weitere hinzu (Datenschutz, Urheberrecht, Markenschutz, Eigentumsrecht …).
Unterschiede zwischen Stream und Vor-Ort-Event
- Ein Stream verbreitet sich eventuell unkontrolliert im Internet.
- Ihr Einfluss sinkt, wer ein Video des Streams auf welche Art nutzt.
- Ein aufgezeichneter Livestream wiederholt die Veranstaltung.
- Das Risiko, dass Sie Urheberrecht oder Markenschutz verletzen, steigt.
- Passwörter beim Stream schützen nicht vor Weitergabe.
Was Sie ins Internet senden
- Gesichter und Stimmen (Referent, Mitarbeiter, Gäste) = Urheberrecht
- Namen (Einblendung im Video, Schilder) = Datenschutz
- Handlungen und Aktionen = Eigentumsrecht
- Werke (Bild, Ton, Architektur, …) = Eigentumsrecht und Urheberrecht
- Marken = Vertragsrecht
Urheberrecht im Livestream
Streamen Sie gewerblich, achten Sie auf das Urheberrecht. GEMA- und KSK-Gebühren fallen an. Das Urheberrecht schützt jedes Werk im Stream (Sprache, Bild, Ton, Präsentation, …). Kümmern Sie sich um Lizenzen. Verlassen Sie sich nicht darauf, wenn Beteiligte sagen, Sie verfügen über Rechte – prüfen Sie das nach. Wieso das so ist, lesen Sie unten.
Beispiel für ungewollte Verletzung von Urheberrechten
Sie laden einen Redner ein, der etwas präsentiert. In seiner Präsentation nutzt er urheberrechtlich geschützte Bilder. Er sichert zu, über die Rechte zu verfügen – Sie glauben ihm. Einige Monate später erhalten Sie Post, dass Sie nicht über die Rechte verfügen – Schadenersatz! Was ist passiert? Der Redner hatte die Rechte, die Bilder zu zeigen, aber nicht die räumlich unbegrenzten. Ihr Stream gelangte über das Internet zum Rechte-Inhaber. Der merkt, dass Sie keine Rechte haben, die Bilder ins Netz zu streamen. Vermeiden Sie diese Situation, indem Sie für jedes Werk prüfen, welche Rechte vorliegen.
Was Schutz genießt
- Alles mit einem Mindestmaß an geistiger Schöpfung
- Musik
- Sprachwerke, die Art und Weise gesprochener Wörter, …
- Präsentationen, Grafiken, Fotos, Videos, Skizzen, Comics, …
- Texte, Interviews, …
- Apps, Codes aus Software, …
- Skulpturen, Objekte, Gebäude, Räume
- Bühnen-Dekoration, Lichtgestaltung …
Besonderheit im Urheberrecht
Im Urheberrecht gibt es das Nachforderungs-Recht bei Exklusiv-Rechten. Ein Exklusiv-Recht heißt, dass der Urheber nur Ihnen die Nutzung einräumt. Sie sorgen für angemessene Zahlung. Sonst passiert was? Nehmen wir an, Ihr Livestream wird erfolgreich. Sie buchten den Referenten für einen Apfel und ein Ei. Andere Mitwirkende erhielten ebenfalls eine geringere Bezahlung als marktüblich.
Alle Urheber können von Ihnen verlangen, nachträglich mehr zu zahlen – selbst wenn in einem Vertrag was anderes steht. Die Erben auch – bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Sie umgehen dieses Recht, wenn Sie auf Exklusiv-Rechte verzichten und ein einfaches Recht zur Nutzung einholen. Weiterhin ist es Ihre Pflicht alle Rechte zu prüfen. Verlassen Sie sich nicht auf die Aussagen der Mitwirkenden über Rechte zu verfügen – telefonieren Sie und fragen Sie. Lassen Sie sich bestätigen, dass Rechte vorliegen für den Stream (inhaltlich, zeitlich und räumlich unbegrenzte Verbreitung des Werkes).
Datenschutz im Livestream
Bei persönlichen Daten kommt die DS-GVO ins Spiel. Sie entstehen in aller Regel am Tag des Streams und nicht vorher. Sie brauchen eine Einwilligung, um die Daten zu verarbeiten zu dürfen. Holen Sie diese vor dem Stream ein und nicht danach. Etwas weiter unten sehen Sie, was in der Datenschutz-Einwilligung steht – weitere Fragen beantwortet Ihnen die Website EventFAQ DSGVO.
Einwilligung
Die Einwilligung muss aktiv sein. Derjenige, dessen Daten (Gesicht, Name, Stimme) Sie erfassen, willigt von sich aus ein. Bei Bewusstsein und im Klaren darüber, worum es geht. Schriftlich, mündlich oder konkludent. Ihnen reicht nicht im Text auf Daten-Verarbeitung hinzuweisen und davon auszugehen, dass somit eine Einwilligung erfolgt. Je überraschender Filmaufnahmen oder Streaming für die Personen sind, desto klarer brauchen Sie die Einwilligung. Ein Referent im Stream, weiß, dass sein Gesicht im Internet zu sehen ist. Hier reicht es, wenn er konkludent auf die Bühne vor die Kamera tritt. Ein Besucher muss aktiv zustimmen, wenn sein Gesicht erkennbar ist.
Interesse
Sie haben mehr Interesse daran Informationen zu streamen als ein Mitwirkender, der heute einen Fleck auf dem Hemd hat? Wenn Ihr Interesse vor dem Interesse des Betroffenen steht, können Sie streamen und begehen nicht „aus Versehen“ eine Datenschutz-Verletzung. Vorsicht: Denken Sie nicht, dass Ihr Interesse automatisch größer ist als das des Betroffenen. Das gilt für das Beispiel mit dem Fleck – für andere gilt es nicht. Ist das Interesse des Betroffenen auf Schutz seiner Daten größer als Ihres, sieht die Welt anders aus. Im schlechtesten Fall entscheidet ein Gericht.
Vertrag
Steht im Vertrag, dass Sie für den Stream Daten verarbeiten, gilt es als Zustimmung, wenn alle Partner den Vertrag erfüllen. Im Vertrag muss stehen, wie Sie den Stream oder dessen Aufzeichnung nutzen. Achten Sie auf Formulierungen. Weiter hilft Ihnen Rechtsanwalt Thomas Waetke, der sich auf rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Veranstaltungen spezialisierte.
Was in die Datenschutzhinweise gehört
- Verfassen Sie alles klar, deutlich und verständlich.
- Ihr Name und Ihre Kontaktdaten
- Kontakt Ihres Datenschutz-Beauftragten
- Zweck der Herstellung und Verwertung
- Rechtsgrundlagen
- Dauer der Speicherung der Daten
- Rechte der Betroffenen
- In welches Zielland außerhalb der EU geht der Stream und welche Rechtsgrundlagen gibt es? Hier kommt die Thematik von US-amerikanischer Konferenzsoftware wie Zoom, Teams oder ähnlichem zum Tragen.